Sonntag, 23. September 2012

Zitat: Wahre Liebe ! (1/2)

"Welchem Umstand verdanke ich dieses besondere Vergnügen?", ertönte die Stimme der Jungfrau der Schrift hinter ihm. "Sicher kommst du nicht wegen deiner Bestie? Du wirst noch geraume Zeit mit ihr verbringen, soweit ich mich entsinne."
Rhage blieb auf den Knien, den Kopf gebeugt, ohne ein Wort zu sagen. Er wusste nicht recht, wo er beginnen sollte.
"Schweigen", murmelte die Jungfrau der Schrift. "Ungewöhnlich für dich."
"Ich möchte meine Worte mit Bedacht wählen."
"Weise, Krieger. Sehr weise. In Anbetracht deines Anliegens heute."
"Ihr wisst bereits davon?"
"Keine Fragen", fauchte sie. "Wahrlich, ich bin es müde, der Bruderschaft das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Vielleicht solltest du die anderen bei deiner Rückkehr noch einmal daran erinnern."
"Verzeiht."
Der Umriss ihres schwarzen Umhangs kam in sein Sichtfeld. "Heb den Kopf, Krieger. Sieh mich an."
Er holte tief Luft und gehorchte.
"Du leidest solchen Schmerz", sagte sie sanft. "Ich kann die Last auf dir spüren."
"Mein Herz blutet."
"Deiner menschlichen Frau wegen."
Er nickte. "Ich möchte Euch bitten, sie zu retten. Wenn es gestattet ist."
Die Jungfrau der Schrift wandt sich von ihm ab. Dann schwebte sie langsam über den Marmorboden des Inneshofes.
Er hatte keine Ahnung, was sie dachte. Oder ob sie seine Bitte überhaupt in Betracht zog. Vielleicht vertrat sie sich auch einfach nur die Beine, was wusste er schon. Oder sie würde weggehen, ohne ihn einer Antwort zu würdigen.
"Das, Krieger, würde ich niemals tun", sagte sie als Antwort auf seine Gedanken. "Trotz der Schwierigkeiten, die wir miteinander hatten, würde ich dich niemals auf dieser Weise im Stich lassen. Sag mir- was, wenn die Rettung deiner Frau bedeuten würde, dich niemals von deiner Bestie befreien zu können? Was, wenn ihr Leben nur gewonnen werden könnte, indem der Fluch dich begleitet, bis du in den Schleier eingehst?"
"Ich würde ihn mit Freuden weiterhin ertragen."
"Aber du verabscheust ihn."
"Ich liebe sie."
"Gut, gut. So ist es wohl."
Ein Hoffnungsschimmer glühte in seiner Brust auf. Es lag ihm auf der Zunge, zu fragen, ob sie ein Abmachung hatten. Ob Mary weiterleben durfte. Doch er würde ganz sicher nicht riskieren, den zerbrechlichen Stand der Verhandlungen dadurch zu gefährden, dass er die Jungfrau der Schrift durch eine weitere Frage gegen sich aufbrachte.
 (Black Dagger - Bruderkrieg von J.R. Ward. Kapitel 26, Seite 275-276)

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